Wegfall des Nebenkostenprivilegs – Ein Projekt zur Transformation des TV-Marktes

 

Die Tele Columbus AG ist einer der führenden Glasfasernetzbetreiber in Deutschland mit einer Reichweite von mehr als drei Millionen Haushalten. Unter der Marke PΫUR bietet das Unternehmen Highspeed-Internet, Telefon und mehr als 200 TV-Programme sowie die Entertainment-Plattform PŸUR TV HD.

Die am 1. Dezember 2021 in Kraft getretene Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beinhaltet unter anderem eine Änderung der Abrechnung der Gebühren für das Kabelfernsehen. Bislang konnten Vermieter die Kosten für den Kabelanschluss über die Mietnebenkosten oder Betriebskosten auf ihre Mieter umlegen – von diesem Vorgehen waren ca. 30-40% der Haushalte in Deutschland betroffen. Per Gesetz ist dies seit dem 1. Juli 2024 nicht mehr gestattet. Damit einher ging eine Transformation des Geschäftsmodells aller Kabelnetzbetreiber. Sie standen unter enormem Handlungsdruck, da die bestehenden Sammelverträge mit Wohnungswirtschaften und die damit verbundenen TV-Umsätze nicht mehr gesichert waren. Wir haben mit Christina Plöhn (Head of Campaigning) und Stephan Kalleder (Senior Director Products & Growth) der Tele Columbus AG über den Wegfall des Nebenkostenprivilegs und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen sowie über die Kooperation mit HPP gesprochen. 

Am 01.12.2021 ist die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Kraft getreten, die unter anderem den Entfall der Umlagefähigkeit der TV-Grundversorgung regelt. Wie haben Sie als Kabelnetzbetreiber darauf reagiert?

Nach der Verabschiedung des Gesetzes war uns klar, dass eine vollständige Transformation des TV-Marktes bevorsteht. Wir als PŸUR sahen uns und unsere Kunden der Wohnungswirtschaft in der Pflicht, Mieter im Sammelinkasso rechtzeitig über die Konsequenzen des neuen Gesetzes aufzuklären, um so eine reibungslose Umstellung auf Einzelnutzerverträge sicherzustellen. Die damit einhergehenden großen Herausforderungen, insbesondere kommunikativer Natur, konnten wir nur gemeinsam meistern und haben das gesamte Unternehmen in die Aktivitäten involviert.

Wir entwickelten ein kanalübergreifendes mehrstufiges Kommunikations- und Vermarktungskonzept mit dem Ziel eine maximale Anzahl an Sammelverträgen in TV-Einzelnutzerverträge zu überführen und gleichzeitig im betroffenen Bestand die Abschlussrate an Internet-Neukunden signifikant zu erhöhen. Unsere Vorbereitungen haben bereits mehr als drei Jahre vor der gesetzlichen Frist begonnen. Die kompetenten HPP-Berater haben uns von Beginn an besonders im Kommunikationsbereich unterstützt. Im Rahmen der Vorbereitung zur Kommunikations- und Vermarktungsstrategie wurde beispielsweise eine qualitative und quantitative Befragung durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut durchgeführt. Die Ergebnisse der Erhebung waren Grundlage, um die relevantesten Maßnahmen zu entwickeln.

Welche Erkenntnisse konnten aus der Befragung gewonnen werden und wie haben Sie diese genutzt?

In der Befragung konnten Betroffene sowohl ihre individuellen Wünsche und Ansprüche mitteilen als auch Kommunikationsansätze, Kontaktkanäle und Angebote bewerten. Basierend auf den Ergebnissen haben wir unsere eigenen Annahmen hinterfragt und schließlich eine Priorisierung vorgenommen, welche die mehrheitlichen Anforderungen der Betroffenen berücksichtigt. Besonders wichtig war den Probanden eine persönliche Ansprache, sowie eine umfangreiche Auswahl an Kontaktmöglichkeiten zum Kabelnetzbetreiber. Ebenfalls als erfolgskritisch wurde die gemeinsame Kommunikation durch PŸUR und Vermieter, z.B. durch die Nutzung beider Logos, identifiziert. Die generelle Seriosität und Glaubwürdigkeit der Kommunikation stießen bei den Probanden besonders auf Akzeptanz. Eine wichtige Erkenntnis der Befragung war der Wunsch eines Papierauftragsformulares als herkömmlichen analogen Kanal für den Vertragsabschluss. Neue Prozesse und hohe IT-Aufwände zur Implementierung wurden aufgrund der hohen Erfolgsaussichten, die wir in Piloten bestätigen konnten, in über Monate dauernder Projektarbeit umgesetzt.

In enger Zusammenarbeit mit den HPP-Beratern wurde das Kommunikations- und Vermarktungskonzept bis ins kleinste Detail inkl. aller begleitender Materialien, welche Bewohner der betroffenen Liegenschaften hinsichtlich der Gesetzesänderung aufklären und unsere TV-Produkte vermarkten, erarbeitet. Um für jeden eine reibungslose Umstellung mit persönlicher Beratung und kurzen Wartezeiten sicherzustellen, haben wir frühzeitig mit einigen ausgewählten Wohnungswirtschaften die Verträge von Sammel- auf Einzelinkasso umgestellt und so das initiale Kommunikationskonzept pilotiert. Die Erkenntnisse aus diesen frühen Umstellungen konnten wiederum für die fortlaufende Weiterentwicklung und Optimierung des Konzeptes genutzt werden. Beispielsweise hat bereits die Befragung den Wunsch nach einer frühzeitigen Kontaktaufnahme und Information ergeben. Dieser Erfolgsfaktor wurde von unseren Piloten belegt und hat ergeben, dass wir die besten Ergebnisse erzielen, wenn die Kommunikation und Vermarktung bereits sechs Monate vor Umstellung beginnen. Diese Erkenntnis wurde für alle folgenden Umstellungen entsprechend berücksichtigt.

Warum war die Unterstützung der HPP-Berater in diesem Projekt notwendig?

Die Gesetzesänderung ging mit gravierenden Änderungen für TV-Nutzer einher. Dabei mussten nicht nur unsere eigenen Bestandskunden informiert werden, sondern insbesondere auch viele uns bis dahin unbekannte Mieter betroffener Wohnungswirtschaften. Die skalierbare Umsetzung unserer Kommunikation, die sich vorwiegend in Form von Anschreiben und Hausaushängen an die Bewohner richtete, wurde neben der engen Zusammenarbeit aller Fachbereiche durch eine eigens für das Projekt geschaffene, digitale Kooperationsplattform ermöglicht. Auch hier konnten die Erfahrungen aus bereits stattgefundenen Umstellungen genutzt und Abläufe, vor allem für die gemeinsame Kommunikation durch PŸUR und Vermieter, automatisiert werden. So war auch für kurzfristig gemeldete Umstellungen eine effiziente Kommunikation sichergestellt. Darüber hinaus diente die Plattform als Informationsportal für betroffene Vermieter, die sich einfach und selbstverständlich kostenlos diverse Materialien herunterladen oder direkt bestellen konnten. Die kooperative Zusammenarbeit mit unseren Kunden der Wohnungswirtschaft erwies sich als zentraler Erfolgsfaktor, um Mieter umfangreich über die anstehenden Änderungen zu informieren und in Einzelnutzer zu wandeln.

Der mit den diversen strategischen und operativen Aufgaben verbundene Aufwand war immens und musste zusätzlich zum laufenden Tagesgeschäft gestemmt werden. Da uns bekannt war, dass HPP in der Vergangenheit seine Kunden erfolgreich bei großen Marktveränderungen, z.B. ausgelöst durch Gesetzesänderungen (TKG-Novellen) oder bedeutende Technologieveränderungen (Analogabschaltung) unterstützt hat, haben wir uns auch in diesem Projekt für eine Zusammenarbeit entschieden.

Was waren eure Erwartungen an die Zusammenarbeit mit den HPP-Beratern?

Wir haben in der Vergangenheit bereits mehrfach mit HPP zusammengearbeitet und wissen, dass die Berater neben ihrer Beratungs- und Unterstützungskompetenz, ihrer Branchenerfahrung insbesondere auch über eine ausgeprägte soziale Kompetenz verfügen. Mit ihrer großen Einsatzbereitschaft treiben sie unsere Projekte tagtäglich voran. Der Projekterfolg steht dabei stets im Mittelpunkt.

In unserem Projekt haben die Berater ihre langjährige Expertise im Bereich des Marketing-Mix, der erfolgskritischen Kundenkontaktpunkte entlang der Customer Journey, sowie der daraus resultierenden Customer Experience zielgerichtet eingebracht. So konnten wir den Mietern in den durch uns versorgten Beständen eine kundenfreundliche Produktberatung und -buchung über verschiedene Kontaktkanäle ermöglichen. Darüber hinaus konnten wir über den gesamten Zeitraum der Vertragsumstellungen insbesondere auf die Zuverlässigkeit und Flexibilität der Berater zählen. Neben der Steuerung und Durchführung von operativen Tätigkeiten waren der Informationsaustausch und die reibungslose fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit jederzeit sichergestellt. So konnte gewährleistet werden, dass es keine Konflikte zwischen regulären Vermarktungsaktivitäten und unserer sonstigen projektbezogenen Kommunikation gab. Im Hinblick auf aktuelle und zukünftige Projekte arbeiten wir mit Freude weiter mit HPP zusammen.

Seit dem Entfall der Umlagefähigkeit der TV-Grundversorgung am 01.07.2024 ist etwa ein halbes Jahr vergangen und dementsprechend neigt sich dieses Projekt nun dem Ende entgegen. Wie fällt euer Resümee aus?

Für uns lautet die Devise weiterhin, noch nicht gewonnene Kunden von unseren Produkten zu überzeugen. Auch wenn wir, wie alle Kabelnetzbetreiber, signifikante Verluste bei den TV-Umsätzen hinnehmen mussten, haben wir das Projekt nutzen können, um sehr erfolgreich Cross-Selling Maßnahmen umzusetzen. In diesem Zusammenhang freuen wir uns über das erfolgreichste IP-Wachstum unserer Unternehmensgeschichte. Uns ist es gelungen, deutlich schneller zu wachsen als unsere direkten Wettbewerber. Darüber hinaus war es in diesem Projekt so wichtig wie selten zuvor, dass fachbereichsübergreifend eng kooperiert wird und alle an einem Strang ziehen – eine Mentalität, die einen wichtigen Baustein für unseren zukünftigen Erfolg darstellt.

 

Wir bedanken uns herzlich bei Christina Plöhn und Stephan Kalleder für das interessante Interview.

 

Ansprechpartner

André Köhler

André Köhler

Herr Köhler ist geschäftsführender Gesellschafter bei HPP und hat in über 20 Jahren Beratererfahrung seine umfassende Expertise in diversen industriellen Branchen erworben. Bei HPP ist er Ansprechpartner für die Bereiche Telekommunikation, Energie sowie Banken und Finanzdienstleistungen. Er ist verheiratet, Vater einer Tochter und ein begeisterter Skifahrer.